Das Bild zeigt das Zimmer einer Gräfin des 19. Jahrhunderts. Interieurs in diesem Stil sehen wir heute nur noch im Museum oder vielleicht in Form einer nostalgischen Puppenstube. Der Sekretär lädt ein, Briefe zu schreiben oder etwas zu zeichnen. Der reich verzierte Kachelofen vermittelt Wärme und Exklusivität. Ahnenbilder an den Wänden und auf der Kommode zeugen von Familiensinn und -tradition. Die helle Blumentapete dämpft die düstere Ausstrahlung der grossen Familienporträts. Der einzige etwas prosaische Gebrauchsgegenstand ist der geflochtene Papierkorb im Vordergrund.

Ich kann mir trotz einer gewissen musealen Steifheit vorstellen, wie in diesem Raum ein Familienleben stattfand, mit lebhaften spielenden Kindern – immer gemäss den Regeln für gutes Benehmen des 19. Jahrhunderts. Oder war "Mamas Zimmer" tabu und ein echter Rückzugsort der Gräfin, so wie es sich heutzutage viele Mütter wünschten?

Das Foto findet sich im Familienarchiv von Salis-Zizers, Oberes Schloss. Die Aufnahme ist Teil eines kleinen Familienfotoalbums aus dem Jahr 1907 und kann im Lesesaal des Staatsarchivs Graubünden eingesehen werden.

Autorin: Veronika Übersax, Staatsarchiv Graubünden

Staatsarchiv Graubünden / StAGR A Sp III/11a 8 /Fotoaufnahmen, insbesondere Oberes Schloss Zizers und Umgebung von Zizers und Salis-Häuser in Graubünden (20. Jh.) / Archivinformationssystem Staatsarchiv Graubünden.