Schöne - aber komplizierte – Sonnenuhr in Ardez / Bel - ma cumplitgà – ura da sulegl ad Ardez
Schöne - aber komplizierte – Sonnenuhr in Ardez / Bel - ma cumplitgà – ura da sulegl ad Ardez
Der Hauptzweck einer Sonnenuhr besteht darin, die Zeit abzulesen, zumindest wenn die Sonne scheint. Normalerweise fällt der Schatten des Stabes auf eine der nummerierten Linien, die oft strahlenartig nach aussen verlaufen und als Stundenlinien bezeichnet werden.
Wer sich diese schöne Sonnenuhr mit Sgraffito an einem Haus in Ardez ansieht, kann sich allerdings nur schwer zurechtfinden, und das ist auch verständlich. Zunächst einmal gibt es viel mehr Linien als man erwarten würde, die in der Mitte sogar ein netzartiges Muster bilden. Und dann gibt es verschiedene Nummerierungen: auf dem Rahmen eine Reihe von römischen Ziffern von VI bis IIII, auf der unteren Seite des Gitters arabische Ziffern, die von 1 bis 8 aufsteigen, auf der oberen Seite von 10 bis 2 absteigend.
Diese interessante Konstruktion ist eigentlich nicht EINE, sondern DREI Sonnenuhren in einer, und jede zeigt die Zeit nach einem anderen System an, das ich nun zu erklären versuche.
Die erste ist eine Sonnenuhr des, sagen wir, gebräuchlichsten Typs. Sie zeigt die wahre Orts(sonnen-)zeit an WOZ, und die Ablesung kann über den gesamten Schatten des Stabes erfolgen. Die Stundenablesung erfolgt auf zwei Rahmen: Der äussere Rahmen zeigt die Sonnenstunden (WOZ) in römischen Ziffern mit Punkten für die halben Stunden an. Im dünnen zweiten Rahmen ist dann jede Stunde in sechs 10-Minuten-Teile mit Strichen unterteilt. Wenn wir also den mittleren Teil ignorieren, zeigt diese Sonnenuhr mit dem Schatten des Stabes (schwach wegen des verschleierten Himmels, ausgehend von der Blume) an, dass im Moment der Bildaufnahme es etwa 16 WOZ war. Achten Sie dabei nicht auf die Schatten der Stabstützen, die wie die Blätter der Blume aussehen, aber nur ein Stützelement sind.
Der zentrale Teil, der ein Gitter bildet, vereint zwei unterschiedliche und im Grunde komplementäre Systeme, die eine punktgenaue Ablesung erfordern (Punktanzeige). Das heisst, man muss sehen, wo sich der Schatten der kleinen Kugel befindet, die etwa im ersten Drittel des Stabes platziert ist ( hier, angesichts der späten Stunde, liegt ihr Schatten ausserhalb des Rahmens und ist nicht zu sehen).
Diese zeigt die auf dem Liniennetz die Uhrzeit an... aber welche Uhrzeit?
Die leicht rot gefärbten und von 1 bis 8 nummerierten Linien zeigen die babylonische Zeit an, d. h. wie viele Stunden seit Sonnenaufgang verstrichen sind (was als Stunde 0 bezeichnet wird, hier die horizontale Linie obenlinks, die nicht nummeriert ist). Die blau-grauen hingegen zeigen die italienische Zeit an, d. h. wie viele Stunden noch bis zum Sonnenuntergang verbleiben (die Zeit des Sonnenuntergangs wird oft mit 24 oder auch mit 0 angegeben, hier geht die Nummerierung rückwärts und zeigt die restlichen Stunden an). Eine gute Idee, um dem Landwirt mitzuteilen, wie viele Stunden Tageslicht er noch hat!
Sowohl die italische als auch die babylonische Stunden sind - wie bei WOZ - gleich lang, d. h. jede Stunde dauert zu allen Jahreszeiten genau eine Stunde. Allerdings - und das ist das Geniale an der Konstruktion - ist der Ausgangspunkt, d. h. 0 oder 24, nicht immer derselbe, sondern variiert mit den Jahreszeiten. Das ist logisch, denn der Sonnenuntergang (oder Aufgang) findet nicht zur gleichen bürgerlichen Zeit im Januar wie z.B.Juli statt! Die Babyonische und Italienische Zeit berücksichtigen das.
Es gibt auch 3 astronomische Linien im Gitter, die nicht die Zeit, sondern das Datum anzeigen. Die diagonale Linie von links oben nach rechts unten ist die Äquinoktiallinie. Der Schatten der Kugel folgt ihr genau dann, wenn Tag und Nacht gleich lang sind, also am 21. März und am 21. September. Die beiden Teilhyperbeln, die das Stundennetz begrenzen, sind oben die Linie der Wintersonnenwende, gefolgt vom Schatten der Kugel am 21. Dezember, und unten die Linie der Sommersonnenwende (21. Juni).
Diese von H. Schilt entworfene Sonnenuhr ist zwar nicht alt, sondern stammt aus den 1970er Jahren, aber dennoch sehr speziell und interessant. Prof. H. Schilt ist ein bekannter Sonnenuhrmacher und eine ähnliche Sonnenuhr befindet sich an der reformierten Kirche in Biel. Meines Wissens ist dies jedoch sein einziges Werk in Graubünden.
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